Surf-Travel und Budgetplanung

Wie weit bist du bereit zu gehen um mit wenig Geld, lange Zeit am Meer und auf den Wellen zu verbringen? Wo liegt deine Schmerzgrenze und wie weit kannst du deine Ansprüche herunterschrauben? 

  

Das Surf-Abenteuer für Sparfüchse: Wie vier Kumpels Marokko für nur 400 € rockten! 

Wer sagt, dass Surfen ein teures Vergnügen ist? Im Jahr 2009 machte ich mich mit meinen Kumpels Dominik, Nils und Simon auf den Weg nach Marokko, um die Kultur des "Maghreb" kennenzulernen und möglichst lange Wellen zu reiten. Der Clou? Wir hatten für die gesamte dreieinhalb Wochen lange Reise, inklusive Flug, nur schlappe 400 € pro Nase ausgegeben. Klingt nach einem Witz? Nope, das war der ultimative Surf-Trip für Sparfüchse! 

  

Die Abenteurer: Surf-Dudes mit einem Kniff fürs Sparen 

Wir waren so wild aufs Surfen, dass wir bereit waren, unseren Geldbeutel komplett auf Diät zu setzen, um unsere Träume zu verwirklichen. Als Studenten und Auszubildende mit gähnend leeren Taschen dachten wir uns, „Warum nicht?“, und buchten einen Trip nach Marokko. 

  

Der Masterplan: Wie man mit knappem Budget am Meer landet 

1. Flug-Deals 

Habt ihr auch das Flugsuchfieber? Wir hatten es definitiv! Alle vier stöberten nach günstigen Flügen, als ob es die letzte Reduzierung im Supermarkt gäbe. Mit ein wenig Flexibilität bei den Reisedaten, fanden wir am Ende echte Schnäppchen für Flüge nach Marrakesch. Wer sagt, Surfen sei ein teurer Sport? Natürlich sind wir nicht in unserer Heimatstadt gestartet, aber dafür gibt es ja das Wochenendticket! Also rein in die Bahn und stundenlang durch Deutschland tingeln. Mehrmals umsteigen und jedes Mal fast den Anschlusszug verpassen gehört natürlich zum Abenteuer dazu. Unsere Bretter haben wir in Geschenkpapier eingewickelt, um auch hier Geld für Gepäck zu sparen. Wenn man zuviel Geld hat dann kann man es als Fahrrad-Gepäck deklarieren. Da dieses bedruckte Papier Mangelware bei uns vier war, sagten wir jedem Schaffner, der nach den Geschenken fragte, es seien Bügelbretter für unsere Großeltern zu Weihnachten. 

  

2. Schlafen wie die Surfer 

Verlassene Bruchbuden, einfache Steinhüten und Höhlen wurden zu unserem Zuhause in der Ferne. Gemeinsam zu kochen, wurde zum Abenteuer und brachte Geld in die Kasse für das, was wirklich wichtig war - Surfen! Das gemeinsame “Kochen” sah so aus: Typisch marrokanisches Fladenbrot mit Bananenmuß und Amlou (das marrokanisch Nutella). Manchmal gab’s auch Msemen, was ähnlich wie ein Pfannkuchen schmeckt. 

Das folgende Foto zeigt eines dieser verlassenen Häuser. Für uns war es ein Palast! Bei Flut stand der vordere Teil tatsächlich im Meer. Früher war es das örtliche Polizeipräsidium. Die netten Ordnungshüter sind in ein kleines, neues Haus direkt davor umgezogen. Die dort arbeitenden Staatsdiener fanden uns lustig und so hatten wir die perfekte Festung! Zu einer Seite der tobende Atlantik, zur anderen eine ganze Polizeistation, mit dessen Mitarbeitern wir per Du waren und in der Mitte vier kiffende und doof grinsende 20 Jährige. 

  

3. Das eigene Surfbrett 

Besitzt du ein Surfbrett? Wir taten es! Auch wenn diese mehr Löcher hatten als ein Schweizer Käse und wir vermutlich mehr Zeit mit dem Flicken als dem Surfen verbrachten.
Danke Nils für den feuchten Futzi! Ich dich auch. 

Wir wussten, dass Surfbrettmiete teuer werden kann, also schleppten wir unsere Planken quer durchs Maghreb. Das Wichtigste: 

  • Vor dem Flughafen alle zusammenkleben oder zusammenbinden, um nur 1x Surfgepäck aufzugeben! 

  • Düne, leichte Boardbags, damit man die Bretter noch mit den eigenen Klamotten schützen kann und gleichzeitig an aufzugebendem Gepäck spart. 

  

4. Futterzeit 

Was ist das Geheimnis, um in Marokko mit kleinem Budget zu überleben? Ganz einfach - die lokale Küche. Wir gaben uns der kulinarischen Vielfalt Marokkos hin, probierten Street Food und aßen in gemütlichen Garküchen. So sparten wir Geld und erweiterten unseren kulinarischen Horizont gleichzeitig. Die Marokkaner sind enorm gastfreundlich und laden immer und überall zu Tee und Gebäck. Dabei wird geredet. Wo kommst du her, wo gehst du hin? Äußerst interessante und aufgeschlossene Gespräche. Es ist ein ehrlicher und sehr direkter Austausch von Kulturen und Gepflogenheiten. Man darf auf keinen Fall schüchtern oder gar verklemmt sein. Wir sind mit sehr viel Respekt und einer gesunden Ladung Humor durch das Land gewandert. Ich hatte zu der Zeit einen prächtigen Vollbart und nur den Schnurbart rasiert, weil ich keine Lust hatte, ständig meinen eigenen Bart mitzuessen. Was ich nicht wusste - Bei den Muslimen ist das ein Zeichen für einen absolut gläubigen Anhänger des Propheten Mohammad! Hinzu kam das mein Bart feuerrot gewesen ist. Jeder in Marokko kennt die Geschichte vom Barbarrossa, dem osmanischen Korsaren und Herrscher von Algier. Dominik gab mir daraufhin einen Berbernamen und stellte mich stehts so vor - “Abdul Hakim” wobei keiner von uns wußte ob es tatsächlich ein marrokanischer Name war. Ich kann mich nicht mehr erinnern und glaube, dass Dominik den Namen sowieso jedes Mal geändert hat. Die Leute staunten nicht schlecht und mein einziger Claim daraufhin war stets:
“INSHALLAH!!!” 

Die Lokals wussten natürlich, dass ich kein Marokkaner war, fanden es aber dennoch derbe amüsant und luden uns zum Essen ein. 
In Imsouane halfen wir eines Tages den Fischern ein Boot an Land zu bekommen, nachdem wir diesen magischen Pointbreak kommplett für uns hatten! Glaubt mir bis heute keine Sau. 
Als Dankeschön für unsere Hilfe schenkten uns die Fische 3 Kalamari. Wir haben uns gefreut wie die kleinen Kinder, brachte diese zum Fischrestaurant an der Ecke uind sagten:
"einmal grillen bidde!"

Aus Spaß und vermutlich, weil wir derbe bekifft waren, kauften wir uns eines Tages auf einem Markt 3 kleine Küken für wenige Dirham. Diese nannten wir Ed, Fred und Kalle.
Damit wir sie unterscheiden konnten, bekamen sie ein X, ein O und ein △ auf den Kopf gemalt. 

Eines Tages gingen wir zu unserem lokalen Tagine Dealer und brachten unsere 3 Homies mit. Der Wirt sagte:
„Wenn ihr mir die 3 Küken gebt, bekommt jeder eine Tagine umsonst!“ 

Keiner von uns zögerte und wir reichten unsere kleinen Freunde an den lächelnden Metzger. 

  

5. Willst du mich beleidigen? Du musst doch Feilschen!!! 

Irgendwann sagte mal ein Marokkaner zu Dominik:
„ich mag dein Shirt!“ 

Wir dachten alle nur, "au backe", jetzt wird der Arme abgerippt. Im Gegenteil! Dome ist das größte Schlitzohr, das ich kenne! Er blieb stehen, drehte sich um und erwiderte:
„ACH JAAA?!?“

Der Marokkaner war ziemlich verwirrt über die selbstbewusste Haltung. Also fügte Dominik hinzu:
„was hast du mir zu bieten?!“

und ab da ging das wilde Gefeilsche los. 

Marokko ist ein Handelsland. Jeder Ort ist ein Bazar. Handeln gehört einfach zum guten Ton! Wir haben das sehr schnell verstanden und anstatt verärgert oder genervt auf die ständigen Handel-Versuche zu werden, gaben wir uns dem Spaß vollkommen hin. Es ist eine herrliche Mischung aus Witz, Charme und Ernst. Der Grad ist schmal, aber sobald man den Seiltanz verstanden hat, kann man gar nicht mehr ohne. 

Wir tauschten also Shirts, Caps und was wir sonst so an europäischen Ramsch dabei hatten gegen Nahrung. 

Am letzten Tag gaben wir wortwörtlich unser letztes Hemd. Es waren Plünnen. Wir nahmen ausschließlich total verwatzte und kaputte Klamotten mit, damit die Lokals gar nicht erst auf die Idee kamen, dass wir Geld hätten. Hatten wir ja auch nicht. hehe 

 
 

6. Dope Stories   

Eines Tages haben wir 2 Brüder an einem Strand getroffen, die sahen aus wie die Protagonisten aus “Black Cat, White Cat”. Sie waren auch die übelsten Gypsys! Aber unglaublich liebenswerte Gesellen. Der eine hatte das geilste Strandrestaurant dass wir je gesehen hatten. Es war komplett aus gefundenen Strandsteinen gebaut. Überall hing selbstgebauter Schmuck und witzige Fundstücke. In einem der gebauten Räume wohnte er sogar. Wir durften eine Weile bei ihm unterschlüpfen, bekamen das beste Frühstück zum Aufwachen, während wir Minztee schlürfend und grinsend aus dem lustigen Steinhäuschen auf die Wellen schauten. 

Irgendwann kam sein Gypsy Bruder mit einem Auto, was aus mehr Rost als Metall bestand zu Besuch. Er redete eine Weile mit den Ziegen und kramte dann einen Haufen Hundewelpen aus dem Kofferraum. Er nahm sie wie einen Haufen Obst in die Arme und latsche zum Strand. Dort setzte er sich in den Sand, grub ein Loch, sodass es sich mit Wasser füllte und badete einen Welpen nach dem anderen. Danach baute er aus ihnen eine Welpen-Pyramide. Er nahm dann immer einen raus, panierte diesen mit Sand und bürstete es entgegengesetzt der Fellrichtung wieder heraus. Im Anschluss packte er das kleine Wollknäuel zurück in den Haufen und der nächste war dran. Das Haufensystem hatte den Hintergrund der Wärme und durch die Panierung wurde das Fell noch schneller trocken. Wir haben uns einfach stumm dazu gesetzt und ihn grinsend beobachtet. Die ganze Zeit trug er eine riesengroße, runde Brille und hatte non-stop einen Dubie im Mundwinkel. 

Wir kamen ins Gespräch, Dope Stories, woraufhin er uns mit in die nächste Stadt fuhr. Entgegengesetzt der Erwartungen lebte er in einer richtig schönen Wohngegend. Es wirkte überhaupt nicht wie das Marokko, was wir bisher kannten. Sah eher aus wie in den Staaten. Wir wurden eingeladen in seine piekfeine Wohnung und irgendwie war das noch viel surrealer als die Episode am Strand. Er holte einen riesigen Haschisch-Stein hervor, der so groß war, wie eine ausgewachsene Männer-Faust und knallte ihn auf den Tisch. Uns fiel die Kinnlade herunter. Wir versuchten ihm klarzumachen, dass wir nur 3 Wochen Zeit hätten, das Zeug in Rauch aufzulösen. Er sagte ganz trocken:
„weniger verkaufe ich nicht“.

Wir erwiderten, dass wir nur was für 20 € haben wollten. Eines seiner Augen zuckte etwas hoch und er antwortete:
„das sind maximal 20 €…“ 

  

7. per Anhalter durch die Galaxis 

Oder eben per Bus und Lokal-Taxi zum nächsten Strand. Meistens reisten wir mit den örtlichen Bussen. Das war enorm günstig und hat richtig Spaß gemacht! Man tuckert recht gemütlich über die staubigen Straßen, während der Dieselmotor unter einem brummte und schaute in die schöne Ferne Marokkos. Unterwegs wurden einem interessante Snacks der Einheimischen für sehr wenige Dirhams angeboten. Wir probierten wirklich alles! Sehr zur Freude unserer mitfahrenden Händler. Die Brettmitnahme auf dem Dach kostete extra. Wie viel? - Alles Verhandlungssache. 

Manchmal brachten uns die Busse nicht direkt bis an den Strand, weshalb wir auf ein “Taxi” umsatteln mussten. Es waren inoffizielle Taxis, die genau an den Haltestellen für das einfache Volk warteten. Oftmals war da nur ein einziges Auto und mehr als 4 Leute mussten noch einige Kilometer weiter. So reisten wir also mit 5 Personen auf der Rückbank, 3 vorne und 2 im Kofferraum bis an unser Ziel. Bei jeder kleinsten Bodenwelle schleifte der Wagen über die Reifen und diese Reisen waren zum Schreien komisch. 

  

Das Abenteuer: Von Wellen und Freundschaft   

In Marokko lebten wir unseren Traum. Wir surften, bis die Sonne unterging, erkundeten die Küstenlinie und tauchten in die marokkanische Kultur ein. Nebenbei lernten wir auch andere Reisende kennen, die kaum so aufregende Geschichten oder knappe Budgets hatten. Größtenteils hingen wir tatsächlich mit den Lokals ab. 

 
 

Die Kostenanalyse: Surfen für den schmalen Geldbeutel 

Am Ende des Trips schauten wir unsere Ausgaben an und rieben ungläubig die Augen. Hier ist eine grobe Aufschlüsselung:   

  • Flüge: 200 € pro Nase 

  • Unterkunft: vermutlich weniger als 3 € pro Nase und Nacht (oftmals zahlten wir nüscht) 

  • Verpflegung und Aktivitäten: 100 € pro Nase 

  • Sonstiges (Transport, Souvenirs, etc.): maximal 25 € pro Nase 

  • Dope… 

  

So einfach kann kostengünstiges Surfen sein, wenn man nur will! 

  

Schlussgedanken: Träume sind keine Frage des Geldes   

Die epische Reise von Dominik, Nils, Simon und mir beweist, dass Surfen und Reisen nicht die Bank sprengen müssen. Wenn du von einem Surftrip träumst, dann lass dich von deinem schmalen Geldbeutel nicht abhalten. Plane klug, sei flexibel und hab eine Prise Abenteuerlust im Gepäck. Wichtig ist, dass du gute Reise-Buddies dabeihast oder eben unterwegs kennenlernst. In der Gemeinschaft lässt sich weitaus leichter günstig reisen. 

Die Wellen warten auf dich, Cowboy! 

Text & Foto Credit: Jasper Schmidt 

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